Dechant Hardt stellt uns in seiner Serie „Meditationen zu den Eucharistiefeiern in der Osterzeit“ jeden Tag einen neun Impuls vor, angelehnt an die Schrifttexte des Tages und Betrachtungen des Benediktinermönchs Anselm Grün.
Montag der 4. Osterwoche
Lesung: Apostelgeschichte 11, 1-18
Evangelium: Johannes 10, 1-10
Zweimal hintereinander wünscht der auferstandene Christus den Jüngern den Frieden. (Joh 20,19 und 21) Das ist ungewöhnlich. Johannes schildert in der Szene am Osterabend, was in jeder Eucharistiefeier für die frühen Christen geschah.
Da eröffnete der Bischof die Eucharistiefeier immer mit dem Gruß: „Der Friede sei mit Euch!“ Und alle Gläubigen wussten, dass jetzt der Auferstandene selbst unter ihnen ist. Der auferstandene Christus wird jetzt zu ihnen sprechen und ihnen die Liebe bis zur Vollendung erweisen, die in Tod und Auferstehung Jesu sichtbar geworden ist. Die Worte des Johannesevangeliums sind Worte des auferstandenen und erhöhten Herrn. In diesen Worten hat Christus zu seinen Jüngern vor seinem Aufstieg zum Vater gesprochen. Mit den gleichen Worten spricht er jetzt uns an. Es sind Worte, die aus der Herrlichkeit des Vaters kommen und uns jetzt dort erreichen, wo wir sind. Es sind Worte der Liebe, die die Grenze des Todes aufheben, die Himmel und Erde miteinander verbinden.
Die Eucharistie kann in den zwei Bildern verstanden werden, die Johannes an diesem Osterabend beschreibt. „Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite.“ (Joh 20,20) Der Auferstandene spricht nicht nur zu uns, wenn wir zum Brotbrechen versammelt sind, sondern er zeigt uns auch seine Hände und seine Seite mit ihren Wunden. Durch seine durchbohrten Hände will er uns sagen, dass er seine Hand für uns ins Feuer gelegt hat, dass er für uns gehandelt und seine Hand schützend über uns gehalten hat. Er hat die Wunden, die unsere Hände durchbohren, für uns getragen. Die Handwunden erinnern uns an all die Schläge, die wir von ändern erhalten haben, an die Hände, die sich an uns festkrallen, die uns nicht loslassen, die uns annageln, festlegen, uns verletzen. Unsere Hände werden verwundet, wenn einer uns die Hand verweigert oder sie von uns zurückzieht.
In jeder Eucharistie dürfen wir erfahren, dass Jesus unsere Wunden auf sich genommen und in seine Hand geritzt hat.
Im Buddhismus bedeutet die offene Hand, dass Buddha kein Geheimnis zurückbehalten hat. So kann Jesus den Jüngern mit seinen Händen auch zeigen, dass er ihnen alles geoffenbart hat. Wenn er uns in der Eucharistie seine Hände zeigt, will er uns sagen, dass wir seine Freunde sind. „Ich habe euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.“ (Joh 15,15)
In der Eucharistie hält uns Jesus seine durchbohrte Seite hin. Aus seiner Seite strömt uns Blut und Wasser entgegen. Das ist für Johannes ein Bild für den Heiligen Geist, der über uns ausgegossen wird, für die Liebe Christi, die in uns einströmt. In der Eucharistie trinken wir aus dem Kelch das Blut Jesu und in seinem Blut die menschgewordene Liebe Gottes. Wir nehmen seinen Leib in unsere Hand, damit durch seinen Leib unsere Handwunden geheilt werden. Und wir trinken aus dem Kelch das Blut, das aus seiner Seite für uns strömt, damit die Liebe Christi, mit der er uns bis zur Vollendung geliebt hat, alles in uns durchdringt und verwandelt. Wie die Jünger sollten auch wir auf das Geheimnis der Liebe antworten, das uns in den Händen und in der Seite des Auferstandenen sichtbar wird: „Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen.“ (Joh 20,20) In Leib und Blut der Eucharistie dürfen wir den Herrn selbst sehen.
Das zweite Bild, das Johannes am Osterabend für die Eucharistie bringt, wird deutlich im Wort Jesu: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ (Joh 20,21) Auferstehung heißt für uns, dass wir ausgesandt werden. Es genügt nicht, uns nur an der Gegenwart des Auferstandenen zu freuen. Der Auferstandene sendet uns in die Welt, damit wir seine Worte weitersagen und seine Liebe weiter bezeugen. Durch uns will Christus in alle Bereiche dieser Welt eintreten. Durch uns will er die verschlossenen Türen der Menschen durchschreiten, die sich aus Angst in sich selbst zurückgezogen haben. Durch uns will er den Menschen seine Hände und seine Seite zeigen. Durch unsere Hände will er die Menschen zärtlich berühren, ermutigen und aufrichten. Unsere Hände sollen in seinem Namen zupacken und zum Wohl der Menschen handeln. Und durch unser Herz will Jesus den Menschen seine Seite zeigen. Durch unser Herz soll Was willst Du heute mit Deinen Händen anpacken? Wen möchtest Du zärtlich berühren, wem Deine Hand zur Versöhnung reichen? Wem willst Du Dein Herz zeigen, Deine Liebe, Dein Wohlwollen? Achte auf Dein Herz, ob Du mit einem verschlossenen und engen Herzen oder aber mit einem offenen und weiten Herzen bei den Menschen bist! Stelle Dir vor, dass der auferstandene Christus durch Dein Herz hindurch Seine Liebe den Menschen erweisen möchte!