Dechant Hardt stellt uns auf dem Weg auf Ostern zu jeden Tag einen Impuls eines großen Theologen vor.
Palmsonntag
Bernardin Schellenberger
Evangelium (zur Palmprozession): Matthäus 21, 1-11
1. Lesung: Jesaja 50, 4-7
2. Lesung: Philipperbrief 2, 6-11
Passion: Matthäus 26, 14 – 27, 66
Wie selten an einem liturgischen Fest wird uns am Palmsonntag eine Interpretation unseres eigenen Lebensweges und Schicksals geschenkt. Mehr noch: wenn wir nicht Zuschauer bleiben, sondern Teilnehmer werden, erfahren wir die Erlösung unseres Lebensweges und Schicksals durch den Lebensweg und das Schicksal Christi, indem sein Weg der unsere und unser Weg der seinige wird, indem sein Schicksal das unsere und unser Schicksal das seinige wird; indem alles, was wir Menschen tun und leiden, versenkt wird im Tun und Leiden des Sohnes Gottes.
In seinem Sterben am Kreuz hat Christus, der Sohn Gottes, sein Menschwerden vollendet, denn der Tod, das Sterben ist eine – wenn nicht die – wesentliche Grunderfahrung des Menschseins.
In der Liturgie wird dieser ganze Weg beschrieben: seine Ausgangsbedingung, sein Verlauf, sein Ziel. Menschsein bedeutet Armsein und bringt Leiden mit sich. Alles Leben ist Leiden. Alle Liebe bringt Leiden.
Warum müssen wir aneinander leiden?
Warum muss das Herz, das sich verströmen will, ein durchbohrtes Herz sein?
Warum muss der, dessen „Nahrung es war, den Willen des Vaters zu tun“, am Kreuz ausbluten und zu diesem Vater schreien: „Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, „um so in seine Herrlichkeit einzugehen“?
Wir wissen es nicht. Es wäre Anmaßung, mehr sagen zu wollen, als der, der mit diesem „Warum?“ auf den Lippen gestorben ist.
Wir wissen nur, dass es so ist. Und dass dies der einzige Weg zu unserer Erlösung ist.
(Bernardin Schellenberger, geb. 1944, ehem. Priester, Schriftsteller)
GEBET
Allmächtiger, ewiger Gott, deinem Willen gehorsam hat unser Erlöser Fleisch angenommen, er hat sich selbst erniedrigt
und sich unter die Schmach des Kreuzes gebeugt.
Hilf uns, dass wir ihm auf dem Weg des Leidens nachfolgen und an seiner Auferstehung Anteil erlangen.